Mahnmale und Kriegerdenkmäler in Warendorf

Kriegerdenkmäler sind Ausdruck einer öffentlichen Sinnstiftung, ein Identitätsangebot. Sie spiegeln das öffentlich herrschende Geschichtsbewußtsein. Vor diesem Hintergrund ist eine Beschäftigung mit den Warendorfer Kriegerdenkmälern in ihrer zeitgebundenen Unterschiedlichkeit von Interesse.

Mit Beginn des 19.Jahrhunderts und vor dem Hintergrund des Gleichheitsgedankens der Französischen Revolution entwickelte sich das "moderne" Kriegerdenkmal, bei dem erstmals auch dem "gemeinen" Soldaten, im Gegensatz zu Fürsten und Feldherren, ein Denkmal gesetzt wurde.

Für die Propagierung und Ausgestaltung der Denkmäler spielten zunächst örtliche Kriegervereine eine wichtige Rolle.

Über Kriegervereine berichteten Warendorfs Zeitungen schon seit Mitte des letzten Jahrhunderts. 1839 wird in den örtlichen Gazetten bereits die Landwehr genannt.

Diese war jedoch nicht immer unbedingt zuverlässig und lies sich nicht einfach für Kriegs- und Unterdrückungszwecke der Obrigkeit mißbrauchen. Ihr Einsatz gegen die Demokraten in Baden 1849 wurde von demokratisch gesinnten Bürgern in Warendorf zunächst zu verhindern versucht. Man spendierte in den örtlichen Wirtshäusern den einzukleidenden Soldaten Alkohol und versuchte mit Hilfe von Volksversammlungen die Landwehrmänner zu einer Entscheidung gegen ihren Kriegseinsatz zu bringen. Das Landwehr - Zeughaus auf der Freckenhorster Straße, in dem die Einkleidung stattfinden sollte, wurde sogar von einer wütenden Volksmenge mit Steinen angegriffen und geplündert. Erst die Anwesenheit des 13. Infantrieregimentes aus Münster konnte den unter der Bevölkerung und den Landwehrmännern herrschenden Unmut gegen ihren Kriegseinsatz brechen.

Die Strafandrohungen und die offizielle Propaganda führte schließlich dazu, das die 5 Monate später stattfindenden Rückkehr Landwehr unter gänzlich geänderten Bedingungen stattfand.

Das Bataillon rückte, in der "schönsten militärischen Ordnung" wieder in die mit Blumengewinden geschmückte Stadt, ein "Festcomitee".bestehend u.a. aus dem Landrat und vielen Amtleuten empfing die einrückenden Soldaten. Das Bataillon brachte Æaus vollster Brust seinem König und Herrn ein Lebehoch" und nahm dann "vergnügt und lebhaft" an einem Mal teil, welches die Kreise des Bataillon- Bezirkes auf dem Markt den Landwehrmännern zu Ehren veranstaltet hatten.

Von Bedeutung für die Denkmalsentwicklung in Warendorf ist das Gründungsjahr 1866 des örtlichen Kampfgenossen- bzw. Kriegervereins.

Mit seinen regelmäßigen Festen und Veranstaltungen trug er wesentlich zur Verstärkung und Verbreitung militärischen Gedankengutes in der Stadt bei.

Dennoch werden auch in später Zeit in Warendorf die militärischen Ideale durchaus kritisch hinterfragt. Die "Rundschau" brachte so z.B. eine längeren Artikel aus einer Schrift des Pazifisten Quidde und empfahl diese ihren Lesern. Empört wurde daraufhin im Rahmen einer Replik im Warendorfer Wochenblatt reagiert, indem auf die, in der Schrift angeblich enthaltenen, "Majestätsbeleidigungen" hingewiesen wurde.

Um ihre Mitglieder von derartigen Gedanken und Schriften fernzuhalten Betrieb der Kriegerverein eine eigene Bibliothek mit einer einstündigen sonntäglichen Öffnungszeit.

In verschiedenen Veröffentlichungen bewies sich immer wieder der Herausgeber der "Westfälischen Rundschau", Klostermann, als Kritiker des Militärs. So z.B. auch in der Diskussion um die Dienstzeitverlängerung der Soldaten im Jahre 1896:

"Verwendung der Soldaten im Frieden. Die Leute, die ihre größte Freude empfinden, wenn sie Soldaten sehen und aus lauter Freude am Soldatenleben, das natürlich von anderen durchkostet werden muß, die jungen Männer lieber sechs Jahre unter den Waffen hielten als zwei Jahre, wissen immer die Notwendigkeit der längeren Dienstzeit durch die Behauptung zu begründen, das die Ausbildung des Militärs nicht in zwei Jahren vollendet werden könne. Diesen gegenüber sei eine Zeitungsmeldung wiedergegeben, der zufolge eine größere Anzahl von Soldaten von dem in Brieg stehenden Infantrie-Regiment in einer Zuckerfabrik beschäftigt worden sind. (...) Die Soldaten, welche auf öffentliche Kosten gekleidet und ernährt werden und welche in Gebäuden wohnen, die auf öffentliche Kosten errichtet worden sind, nehmen auf diese Weise den freien Arbeitern den Broterwerb weg (...)"

Und an andere Stelle kritisiert er anläßlich des Neuen Jahres:

"(...) wir hoffen, daß man uns im neuen Jahre etwas in Ruhe lassen wird. Da denkt wohl jeder zunächst an seinen Geldbeutel und wünscht, daß (...) den Schröpftopf- Steuerzettel nicht so oft und nachdrücklich ansetzen möge. Soll dies aber geschehen, so ist es unbedingt notwendig, daß sich auch Leute etwas Ruhe gönnen, welche bisher so unermüdlich neue Pläne ausheckten für Vermehrung der Soldaten zu Wasser und zu Land, und damit zusammenhängend für den Bau neuer Schiffe und Kasernen, grober und feiner Geschütze usw. Diese Soldatenliebhaberei ist die unergründliche Tiefe, in welche alles hinabrent und auf Nimmerwiedersehn verschwindet, was aus Steuerzahlern herausge-beten wird."

Unbeeindruckt von den Klostermannschen militärkritischen Artikeln faßten 1889 die Kreiskiegervereine bei der Planung zu einem gemeinschaftlichen Fest, das der Erinnerung an den Dänischen Feldzug dienen sollte, den Entschluß, "einen lange gehegten, oft besprochenen, wegen der Ungunst der Zeiten vertagten Plan endlich zur Ausführung zu bringen, nämlich in der Stadt Warendorf ein Kriegerdenkmal zu errichten, in dessen Ehrentafeln die Namen aller derjenigen eingegraben werden sollen, welche aus unserem Kreise in den drei Feldzügen den Heldentod erlitten haben.".In einem im Warendorfer Wochenblatt veröffentlichten Aufruf wendete man sich daher "vertrauensvoll an alle Kreiseingesessenen mit der so dringenden, wie ergebenen Bitte, für das Denkmal ein Scherflein beisteuern zu wollen."

Um diesen Plan Durchführung zu können, gründete man(n) im gleichen Jahr einen Ausschuß zur Errichtung eines Kriegerdenkmals.

Auf verschiedene Weise wurde für Spenden zur Denkmalserrichtung geworben. Da auch der Buchhändler C. Leopold Mitglied des vorbereitenden Ausschusses war, verwundert es nicht, daß im August des gleichen Jahres im Schaufenster der Schnell´schen Buchhandlung, ein vom Dresdener Bildhauer Heinrich Bäumer geschaffenes Modell eines Löwen das geplante Projekt den Warendorfern veranschaulichen sollte.
Modell des Warendorfer Löwendenkmals 
Modell des Löwendenkmals
Foto: Kreisarchiv Warendorf
Bildarchiv Altstadtfreunde
Besorgt war man dennoch etwas über einen eventuell entstehenden schlechten Eindruck, den das Modell machen könnte und erläuterte daher: "Die Medaillons der drei Kaiser [einen ließ man später in der Ausführung weg] sind natürlich nur ganz flüchtig skizziert.: in der Wirklichkeit wird die größte Porträtähnlichkeit erreicht werden. Dafür bürgen die Hervorragenden Leistungen des Künstlers, von denen einige Photographien Zeugnis ablegen."

In der Hoffnung auf reich fließende Spendengelder bemühte man, eine durchgängiges Konstrukt in der Werbung für das Militär, die Ehre: "Möge das Denkmal vaterländischer Gesinnung sich recht bald in unserer durch das Overbergmonument so würdig geschmückten Stadt als glänzende, die Bürgerschaft und den ganzen Kreis ehrende Zierde erheben."
 
Der Warendorfer Löwe auf dem Marktplatz
Das Löwendenkmal auf dem Marktplatz von Osten gesehen um 1907 mit Kranz.
Sammlung: Altstadtfreunde.
Foto: Kreisarchiv Warendorf
Bildarchiv Altstadtfreunde
Das erste Kriegerdenkmal auf dem Marktplatz war aus Granitstein vom "Künstler" Bolte aus Münster geschaffen worden. Die Umschrift lautete: "Mit Gott für König und Vaterland".An den Seitenflächen waren Reliefbilder von den deutschen Kaisern Wilhelm I. und Friedrich III. angebracht worden. Auf der bronzenen Gedenktafel auf der südlichen Denkmalseite stand unter einem mit Lorbeergewinde überhangenen Eisernen Kreuz von 1870 die Widmung: "Den Kriegern des Kreises Warendorf, die in den Feldzügen 1864, 1866 und 1870/71 für ihr Vaterland starben
Um die Bedeutung des Eisernen Kreuzes historisch einzuordnen, muß man wissen, daß das Eiserne Kreuz im Rohentwurf vom preussischen König selbst geschaffen wurde.Es knüpfte bei seiner Ordensstiftung 1813 an die volkstümliche Tradition des mittelalterlichen "Deutschen Ordens" an und das Kreuz sollte König und Vaterland zu einer untrennbaren Sinneinheit verknüpfen. Mit der Verleihung des Kreuzes als staatlich-kirchlichen Symbols war eine Stiftung verbunden. Die Ordensstiftung des Eisernen Kreuzes wurde mehrfach erneuert, so 1873, 1914 und durch die Nationalsozialisten 1939. 

 Gekrönt wurde das Warendorfer Kreiskriegerdenkmal von einem stehenden Löwen, der nach Süden blickte. Der Löwe sollte dabei nach Aussage des Landrats Gerbaulet ein "uraltes Sinnbild der wehrhaften Stärke und der heldenmütigen Tapferkeit" darstellen.
Der Marktplatzlöwe in Warendorf vom Haus Darpe aus gesehen
Das Löwendenkmal auf dem Marktplatz 
Sammlung: Darpe.
Foto: Kreisarchiv Warendorf
Bildarchiv Altstadtfreunde
 Mit der Wahl eines Löwen als Sinnbild wurde unterschwellig auch Bezug auf eine religiöse Symbolik genommen. Bis ins 2.Jh. geht die theologische Tradition zurück die vier Evangelistensymbole auch auf Christus zu beziehen, der bei der Geburt ein Mensch, im Sterben ein Opfertier, im Auferstehen ein Löwe und bei der Himmelfahrt ein Adler war. 

Mit der Wahl eines Löwen als Symbol knüpfte man in Warendorf in der Wahl der Bildmittel an das vermutlich älteste städtische Kriegerdenkmal in Westfalen, den Dortmunder Löwen von 1866 an. 
Am 19.10.1906 fand unter zahlreicher Beteiligung der Bevölkerung und von 14 fast vollständig erschienen Kriegervereinen des Kreises die Einweihung des Kreiskriegerdenkmals auf dem Marktplatz statt. Die Verwaltung der Stadt Warendorf und Magistrat mit Stadtverordneten hatten zuvor einstimmig erklärt das Denkmal unter ihren Schutz zu nehmen und die ganze Stadt, besonders die Tore waren anläßlich dieser Veranstaltung mit Fahnen verziert worden.Vom Vereinslokal des Warendorfer Kriegervereins setzte sich der Festzug "unter der fachkundigen Leitung" des Majors Berns hinter der Kapelle des Kürassierregiments von Driesen zum Markt in Bewegung. 

 

Der Festakt selber wurde von der Regimentskapelle sowie allen Warendorfer Gesangvereinen unter der Leitung von Herrn Ruland musikalisch begleitet, die unter den Anwesenden eine "weihevolle Stimmung" verbreiten konnten.
Der Vorsitzende des Denkmalausschusses, Landrat Gerbaulet erläuterte, die Funktion des Löwendenkmals, indem er in seiner Weiherede die einigende Kraft des Denkmals betonte, das "alle recht empfindenden Männer um sich schart".

Das Denkmal solle die "Erinnerung an die glorreichen Kriege, die dem deutschen Volke die nationale Einheit errungen, und an die sieggekrönten Kaiser, die Führer der deutschen Heere in jener großen Zeit in uns wachhalten."

Als "leuchtendes Vorbild" empfahl er diejenigen, "die in den Kriegen ihr Leben fürs Vaterland eingesetzt haben". Das Denkmal solle Vaterlandsliebe und Königstreue anregen und lebendig halten "für alle Zeit".

Bürgermeister Ewringmann versprach in seiner anschließenden Rede dem Denkmal "den gebührenden Schutz angedeihen zu lassen" und wünschte sich das Fortleben des Geistes von  "Düppel, Königgrätz, Wörth und Sedan in dem jungen militärischen Nachwuchs".
Kriegerehrung auf dem Marktplatz
Kriegerehrung am Löwendenkmal auf dem Marktplatz um 1920.
Sammlung: filbry.
Foto Kreisarchiv Warendorf.
Bildarchiv Altstadtfreunde
Der Vorsitzende des Warendorfer Kriegervereins Dr. Schmitz wünschte sich, daß das Denkmal "ein Ansporn sei, jenen Helden, welche ihre königstreue Gesinnung besiegelt hätten, nachzuahmen." Zugleich wünschte er sich das das Denkmal "in der Civilbevölkerung des Kreises Warendorf ein immer größeres Verständnis für die kulturgeschichtliche Bedeutung der Kriegervereine wecken [möge]", die er als Bollwerk für "Thron und Altar, Kaiser und Reich" ansah. Im Anschluß an die Feierlichkeiten auf dem Marktplatz begrüßte Carl Leopold in seiner Eigenschaft als Vorsitzender des Bürgerschützenvereins die Kriegervereine im Schützenhof und erinnerte die Eintreffenden daran, daß auch "die deutschen Schützen die Pflege der Vaterlandsliebe auf ihre Fahne geschrieben [hätten]".Er heiße die willkommen, die "mit dem Schwerte in der Hand die Ehre des Vaterlandes verteidigt, (...) [und] Ruhm erstritten" hätten.

Der Herausgeber und Redakteur Klostermann blieb trotz dieser beachtlichen Kundgebung militärischen Wortgeklingels "standhaft" in seiner Meinung. Anläßlich der Enthüllung des Löwendenkmals schrieb er in der Westfälischen Rundschau spöttisch:"Der Künstler habe bei seinen Besuchen im Clubhaus der Harmonie offensichtlich die herrschende Schicht in Warendorf richtig erkannt und deshalb dem Löwen mit vollem Recht die unverkennbaren Züge eines Schafes gegeben". Unklar bleibt, ob er dabei an die Dummheit oder "Frommheit" und Gewaltlosigkeit dachte, die man Schafen zuschreibt

Die Mehrheit des Bürgertums verband um die Jahrhunderwende mit dem Löwen auf dem Marktplatz jedoch einen derartigen Stolz und eine Begeisterung, das bei der Herausgabe einer Ansichtskarte über Warendorf, das Löwendenkmal auf dem Markt für Wert befunden wurde, eine besondere Erwähnung als "Touristen"- Attraktion zu finden.

Im Jahre 1914 sollten die Warendorfer Kriegervereine Gelegenheit bekommen ihren bei der Denkmalsfeier beschworen Heldenmut unter Beweis zu stellen.

Die auch durch die Kriegerdenkmäler geförderte Begeisterung für alles nationale und militärische hielt bis in die ersten Kriegsjahre des 1. Weltkrieges an.

Beispielhaft hierfür sei geschildert, daß zur selben Zeit wo der ausgebildete Landsturm des Kreises Warendorf sich im Dezember 1914 zur Anmeldung beim Bürgerschützenhof einzufinden hatte, die Wwe. Ad. Huesmann als Besitzerin der Westfälischen Dampfkornbranntweinbrennerei in Freckenhorst, 200 Flaschen ihres Doppelkorns "alter Westfale" als Liebesgabe" dem füs.-Regts. 36 im 4. Armeekorps sandte, da dort ihr Sohn "steht und kürzlich mit dem Eisernen Kreuz ausgezeichnet wurde, unter gleichzeitiger Beförderung zum Vizefeldwebel" .

Abgesehen von den verschleiernden Sprachbildern "stehen" und "fallen" für "leben, sein" bzw. "getötet, erschoßen, bzw. zerfetzt werden", die sich bis in unsere Zeit gehalten haben, ist ihr der Alkoholsendung beigefügtes Gedicht ein Zeitdokument, der Naivität, nationaler Begeisterung und Tatsachenverdrehung, das trotz traurigen Hintergrundes beim Leser ein Schmunzeln hervorrufen kann:

"Ihr lieben Vaterlandsretter,
Die ihr bei Sturm und Regenwetter
Deutschland bei Tage und bei Nacht,
Vor feindlichem Überfall bewacht;
Euch soll in diesen schweren Stunden
Unser "alter Westfale" munden!
Mög euch - sind eure Kräfte mal erschlafft,
Der gute Tropfen bringen neue Kraft!
Bis unsere Feinde ringsumher
Von unserem tapferen Kriegerheer
Geschlagen liegen am Boden all
und wieder Friede herrscht auf dem Erdenball."

Ähnlich wie 1849 bei der Einziehung der Landwehr zum Einsatz gegen die Demokraten , - auch wenn die Intention jenes Einsatzes eine andere war, spielte hier wieder Alkohol die Rolle des Betäubungsmittels, um das Elend der Kriegssituation nicht zu Bewußtsein kommen zu lassen

Mit der Brutalisierung und der Zerschlagung der Hoffnung auf einen schnellen Sieg im I. Weltkrieg nahm auch die Kriegsbegeisterung in Warendorf ab.

Die gemachten grausamen Kriegserfahrungen ließen auch in der Kreisstadt in der Weimarer Zeit neue Kritiker des Militarismus entstehen. Der Kriegsfreiwillige Heinrich Herbers , der sich bei seinem Kriegseinsatz eine schwere Lungenerkrankung zugezogen hatte, wurde vor dem Hintergrund dieser Erfahrung zum Pazifisten.1918 trat Herbers der USPD bei. Er verstand sich seither als Sozialist und Pazifist. Über die Deutsche Friedensgesellschaft (DFG) bekam er Kontakt mit Lothar Engelbert Schücking. Gemeinsam mit Schücking warb Herbers in Warendorf und Münster für pazifistische Ideen. Nachdem er seine Lehrbefähigung für das Lehramt im Dezember 1921 erhalten hatte, begann Herbers im Jahre 1922 am Gymnasium Laurentianum seinen Vorbereitungsdienst. Bis 1924 arbeitete er, zuletzt unentgeltlich an diesem Gymnasium. In dieser Zeit bestätigte er sich als Mitbegründer der beiden Ortsgruppen in Münster und Warendorf der Deutschen Friedensgesellschaft (DFG). Zeitweise leitete er beide Ortsgruppen gleichzeitig.

Zwar ist keine Äußerung gegenüber den konkreten Warendorfer Kriegerdenkmäler von Herbers bekannt, seine diesbezügliche Meinung wird jedoch bei der Kommentierung der Pläne des Kyffhäuserbundes, des Stahlhelm sowie des des Bundes Jüdischer Frontsoldaten mit Unterstützung des Reichspräsidenten ein "Ehrenhain" für die im Weltkrieg getöteten Soldaten zu errichten, deutlich.

Weil "aus der `Ehrung´ der Opfer von Gestern eine Reklame (...) für den Opfergang von Morgen" gemacht werde, bekämpfte er dieses Anliegen politisch. Statt ausreichender Hinterbliebenenversorgung und sozialer Absicherung der Kriegsgeschädigten werde angeboten:

"Musik statt Unterstützung;
Ehrenhaine statt Gärten und Land;
Fahnen und Standarten (die Farbe tut nichts zur Sache) statt Kleidung;
Denkmäler statt Wohnungen.
Steine statt Brot..."

Herbers und den anderen friedensbewegten Warendorfern in der Weimarer Zeit gelang es jedoch nicht einen deutlichen Umschwung in der Haltung der Mehrheit der Warendorfer Bürger in der Denkmalsfrage zu bewirken.

Bereits am 17.01.1921 berichtet der Neue Emsbote von einem in Aussicht genommenen Verein ehemaliger Schüler des Laurentianums, der als einer seiner "vornehmsten Aufgaben" der "großen Anzahl (über 100) der auf dem Felde der Ehre Gefallenen [Hervorhebung durch den Verfasser] ein Denkmal wenn auch in bescheidener Form" zu errichten gedenkt.

Auch bei den Kriegervereinen der Kreisstadt entstand der Wunsch den Getöteten des 1. Weltkrieges ein gesondertes Denkmal zu deren "Ehre" zu setzen.

Eine mögliche "Begründung" für die Schaffung ein eigenständigen zweiten Kriegerdenkmals in Warendorf für die Getöteten des I.Weltkrieges, daß von den Denkmäler für die Toten des Krieges von 1871 zu unterscheiden ist, gibt Professor Gustav Wolf, in einer Flugschrift des Westfälischen Heimatbundes im Jahre 1929 "quasi nachträglich":

"(...) das Andenken an den Weltkrieg in sparsamer Weise mit den schon bestehenden Kriegerdenkmal von 1871 zu verbinden. Es mag Einzelfälle geben, wo es eine gute Lösung für diesen Gedanken gibt. Aber für die überwiegende Mehrheit aller Fälle darf man getrost behaupten, daß der Gedanke von Grund auf verfehlt ist (...) Die Denkmäler von 1871 haben als Merkzeichen eines siegreichen Krieges mit Recht eine Haltung und ein Pathos, die zu dem unglücklichen Ergebnis des Weltkrieges für unser Volk schlechterdings nicht passen. Außerdem sind sie in sich abgeschlossene Gebilde einer Zeit mit ganz anderen Formempfinden, an die sich nachträglich nur schwer etwas anfügen läßt, ohne allzu deutlich als Anhängsel zu wirken" .

Eben diesem Anliegen, trotz verloren Krieges, den gestorbenen Soldaten dennoch eine "Heldengedenkstätte" zu schaffen, versucht man mit dem Adlerdenkmal 1925, Zwischen den Emsbrücken, gerecht zu werden.

1921 gibt es zunächst eine erste Diskussionen "unseren gefallenen Helden" in Form einer Gedenktafel mit einem Verzeichnis der "Gefallenen auf einem Findling" auf dem Sportplatz bei der Reitschule ein Denkmal zu setzen, das "unserer Jugend ein Ansporn zu innerer, echter deutscher Takraft dient"

Die Findlings- Variante scheint jedoch nicht nur wegen der vorgeschlagenen Platzwahl, sondern auch aufgrund der mangelnden Gloriosität nicht genügend Fürsprecher gehabt zu haben.

Als erste Gemeinde des Kreises Warendorf wurde nicht in Warendorf, sondern in Milte ein Kriegerdenkmal für die "gefallenen Helden 1914-18" enthüllt, das einen sterbenden Krieger zeigte, dem ein Engel in seiner letzten Stunde zur Seite steht.

Vielleicht war es diese "verherrlichende" und dennoch  "schmerzbetonte" Vorgabe, die den Warendorfer Kriegerverein dazu ermunterte in der Kreisstadt ein "Heldendenkmal" für die Getöteten des 1.Weltkrieges zu errichten, daß in seiner Aussagekraft mit dem von Milte "mithalten" konnte.
Das Adlerdenkmal in Warendorf
Das Adlerdenkmal, Zwischen den Emsbrücken, um 1926.
Foto Kreisarchiv Warendorf.
Bildarchiv Altstadtfreunde
 Das zweite Warendorfer Denkmal stand ursprünglich an der Stelle des jetzigen Parkplatz der Firma Brinkhaus, Zwischen den Emsbrücken, Ecke Breuelweg. 
Es wurde vom Architekten Böckenholt entworfen und vom Bildhauer Hanewinkel, seinen Mitarbeitern sowie vom Baumeister Kleinelümern ausgeführt. Die Gebrüder Amsbeck gestalteten die Denkmalstufen und Einfassungen. 
Die Gärtnerei Stockmann schuf die gärtnerischen Anlagen. 
 

Mit der Wahl des Symbol des Adlers verbindet sich ebenso, wie mit der des Löwen neben der politischen (Preußenadler) jedoch auch eine religiöse Symbolik. Der Adler erinnert an Adlerpulte mit Beziehung zum Evangelisten Johannes. "Adlerfibeln, Gewandspangen (...) der gotischen Kunst weisen den Blick weiter zurück auf altmesopotamische und altägyptische sowie auf griechisch-römische Kunst, die den Adler u.a. als Feldzeichen der Römer zeigt, als allgemeines Sinnbild der Macht. (...) Die Bibel zeigt den Adler als Sinnbild der Jugend und Kraft, der Stärke und Macht und der Liebe Gottes." Das Auffliegen des Vogels symbolisiert die Himmelfahrt Christi. An frühchristlichen Sarkophagen wurde der Adler mehrfach als Sinnbild der Auferstehung gewählt. Der Adler fand ebenfalls Verwendung als ein Symbol der Himmelfahrt des Propheten Elias sowie der Heiligen Adalbert, Guthbert, Metardus, Stanislaus und Priska.

Den Mittelteil des Denkmals bildet ein mächtiger Steinquader, der von einem Adler gekrönt war. Der Neue Emsbote beschreibt ihn schwärmerisch: "Wie schützend breitet der Adler, das Symbol des treuen Vaterlandes, seine Schwingen über sie aus, sie alle im Tod vereinend, mögen auch die sterblichen Überreste des Einzelnen irgendwo auf der weiten Welt in fremder Erde einsam ruhen."
Das Adlersymbol wurde im Münster auch bei dem von Kissenkötter geschaffenen und 1930 aufgestellten Denkmal für das 4.Lothringische Feldartillerie-Regiment verwendet. Das Warendorfer Kriegerdenkmal dürfte ihm bei seinen Überlegungen zur Konstruktion dieses Denkmals durchaus bekannt gewesen sein.

Auf dem 12 Zentner schweren Quader waren nur die Jahreszahlen 1914-18 und am Sockel die vier Wörter: "Den Gefallenen zum Andenken" eingelassen worden.

Links und rechts des Steinquaders erstreckte sich eine riesige Tafel mit den Namen von "320 Helden", wie es im Neuen Emsboten hieß. Die Namenstafeln der Getöteten wurden links und rechts mit Steinquadersäulen eingerahmt auf den jeweils ein Eichenlaub bekränzter Stahlhelm ruhte. Sie wurden als Symbol dafür geschaffen, die an das "stille Heldengrab erinnern, (...) wie sie [gemeint sind die Helme] Kameradenhand auf das frische Grab zu legen pflegte" Am Adlersockel, wie an der linken und rechten Säule war zudem das Relief eines Lorbeerkranzes eingearbeitet worden.

Die gesamte Denkmalanlage, die Rasen- und Blumenbeete, Kieswege und den Baumbestand miteinbezog, wirkte durch die Einbeziehung der landschaftlichen Gestaltung und monumentalen Großzügigkeit. Dabei sollte durch die Art der Präsentation der Namen der "Gefallenen" eine "sinnige Heldenverehrung" erreicht werden, die zugleich den "Gedanken der Volksgemeinschaft in uns zu reichem Leben erweckt".

Für den Bau des Kriegerdenkmals der getöteten Soldaten des I. Weltkrieges wurden in den Bevölkerung Spenden gesammelt. Die Art und Weise seiner Errichtung und Einweihung blieb jedoch nicht unumstritten. Dies macht ein Leserbrief des Neuen Emsboten deutlich in dem vor der ausschließlichen Benutzung der schwarzweißroten Flagge und dem Ausschluß der Reichsflagge bei den geplanten Einweihungsfeierlichkeiten gewarnt wird.

Der Schreiber bemerkte und kritisierte "Daß die Gefallenen unter Schwarzweißrot sterben mußten, ist hierfür kein Stichhaltiger Grund; denn heute ist Schwarweißrot eine Parteifahne, hinter der ganz bestimmte Ziele stehen, die von einem sehr großen Volksteil abgelegnt werden. Es ist für einen großen Volksteil unerträglich (für einen anderen natürlich `sehr bekömmlich´), wenn unter dem Deckmantel: `An diesem Gedenktage wollen wir alles Trennende beiseite schieben,´ all die tiefen Gefühlswerte dieses Totengedenktages ausschließlich mit Schwarzweißrot in Verbindung gebracht werden. (...) Wenn nur eine der Fahnen - sei es schwarzweißrot oder sei es schwarzrotgold - bei einer Feier das Bild beherrscht, während es doch zwei große Strömungen gibt, so ist das keineswegs ein Ausdruck der Einheit, sondern nur unduldsamen Kampfgeistes. (...) die Toten selber würden heute durchaus nicht hinter nur einer der Farben stehen. (...) Durch nichts könnte die Pietät vor den Toten besser zum Ausdruck gebracht werden, als wenn beide Farben in gleicher Weise beim Denkmalschmuck, beim Festzug, bei den Kranzschärpen usw. zur Geltung kämen. (...) Es wäre zu begrüßen, wenn der zuständige Ausschuß an dieser Stelle sich bestimmt und bindend zu dieser Frage, die zahlreiche Mitbürger bewegt, äußern würde. Zahlreiche Bürger werden es sich überlegen, ihr Geld - und ihr Erscheinen - in den Dienst einer [schwarzweißroten (?)] Demonstration zu stellen."

Vor dem Hintergrund dieser Kritik beschwörte der Neue Emsbote, fast appellativ, bei der der Denkmalsfertigstellung daher die "Volksgemeinschaft": "Alle Meinungsverschiedenheiten über die Ausgestaltung des Denkmals, über die Wahl des Platzes und die Art der Totenehrung, meist gut gemeint (...) treten zurück und verstummen, und an ihre Stelle treten die ewigen Gefühle der Dankbarkeit und Verehrung zu den lieben Toten (...) Für ein deutsches Vaterland sind wir alle gefallen, darum seid einig, einig, einig!"

Im übrigen schien der oben zitierte Leserbrief seine Wirkung nicht verfehlt zu haben. Bei der Denkmalseinweihungsfeier am 03.08.1925 waren die beiden Fahnentypen, hinter der sich die Vertreter der unterschiedlichen politischen Ausrichtungen in der Weimarer Zeit scharten, vertreten.

Mit Gottesdiensten "in denen die Gläubigen an die Pflicht der Dankbarkeit erinnert und ihnen das Vorbild der gefallenen Krieger vor die Seele geführt wurde" begannen am 03.08.1925 die Einweihungsfeierlichkeiten für das Adler- Denkmal.

Der Vorsitzende des Warendorfer Kriegervereins , Herr Muesmann, betonte in seiner Begrüßungsansprache die Verdienste der Getöteten und empfahl sie als Vorbild: "Unsere Feier gilt dem Gedächtnis unserer im Weltkrieg gefallenen Brüder und Kameraden, unseren Helden, denen dieses Ehrenmal gewidmet ist. Sie haben treu ihre Pflicht erfüllt, niemals zagten sie oder schlug die blasse Furcht ihre Herzen in Bann. Für sie galt es: Immer Vorwärts zu Sieg oder Tod! Sie hielten in Treue aus, wie die Pflicht es gebot (...) Sie starben den Heldentod für Volk und Vaterland, weil sie pflichttreu waren.".

Generalmajor Groos wies im Anschluß mit seiner Rede den Anwesenden die Richtung mit der Niederlage im I. Weltkriek fertig zu werden: "Es war uns nicht vergönnt, mit dem stolzen Gefühl des Sieges aus dem Felde heimzukehren. (...) Sollen alle Opfer umsonst gewesen sein? Das darf und wird nicht sein. Helfen wir alle am Wiederaufbau des Vaterlandes. Wir müssen uns alle hinter die Regierung stellen (...)"

Bürgermeister Isphording versprach in seiner Rede den "Schutz der Stadt über das Denkmal, das von uns stets teuer und heilig gehalten und gepflegt wird".
Gleichzeitig erinnerte er an die Ehrenpflicht der Gemeinde der Hinterbliebenenversorgung, für die man nach Kräften eintrete. Gleichzeitig verwies er jedoch auch darauf, daß die Gemeinde nicht alles könne, "sie Bedarf der Unterstützung durch die Gesamtheit."
Im Anschluß an die Denkmalseinweihung und einem gemeinsamen Mittagsmahl versammelten sich die anwesenden Kriegerverein auch noch am Löwendenkmal auf dem Markt , um den Getöteten der Kriege im 19. Jahrhundert zu gedenken.

Mit der Machtübernahme der Nationalsozialisten erfuhr auch das Warendorfer Vereinswesen eine Ergänzung. Durch die Förderung der nationalsozialistischen Regierung für alles militärische bestärkt, trafen sich am 08.06.1933 unter der Leitung des Vorsitzenden des alten Gardevereins, Joseph Brinkhaus, welcher 1926 als Unterabteilung des Kriegervereins gegründet worden war, in der Gastwirtschaft Heising ehemalige Gardisten des gesamten Kreises, um eine Kreis- Gardeverein zu gründen. Herr Brinkhaus schloß die Versammlung mit einem dreifachen hurra auf die nationale Regierung. Einen Monat später, am 27 Juli 1933 vermeldete die Nationalzeitung eine ÆSpende für die nationale Arbeit" in Höhe von 1000 RM durch die Firma H.Brinkhaus, Webereien, Warendorf

Besonders die Kriegsgräber dienten den Nationalsozialisten zur Propaganda für nationale Stärke und Aufrüstung. Aus diesem Grunde gab es die Förderung eines regelrechten Kriegsgräbertourismus. Die Kreisgruppe Warendorf des Volksbundes Deutscher Kriegsgräberfürsorge machte in einer Meldung des Neuen Emsboten 1935 darauf aufmerksam, daß Angehörige von "Kriegsgefallenen" Fahrpreisermäßigungen der Reichsbahn für Fahrten zu den Kriegsgräbern erhalten könnten.
Im selben Jahr berichtet die Zeitung ausführlich über eine "Fahrt zu unseren Toten bei Verdun".

Von besonderer Bedeutung für die militärische Propaganda der Nationalsozialisten war die Feier des Heldengedenktages in Warendorf. Der Leiter der Ortsgruppe der NSDAP Vannahme sowie der Leiter der Ortsgruppe des Volksbundes Deutscher Kriegsgräberfürsorge Lange luden 1937 alle Mitbürger zu einer Weihestunde im Cordeschen Saale ein, um den "Schwur zu erneuern, mit dem unsere Brüder Starben: `Deutschland, Deutschland über alles´"
Man erklärte die Heldenehrung zur "nationalen Pflicht" und bat alle Bürger am Marsch vom Markt zum Saal Cordes teilzunehmen.
Diese Form der Heldengedenkfeier wiederholte sich mit einer ähnlichen Zielsetzung auch in den anderen Jahren der Nazizeit.
Auch die Schülerinnen des örtlichen Mariengymnasiums, damals noch Lyzeum, wurden in die Heldengedenkfeiern während der NS-Zeit mit einbezogen. Der Neue Emsbote begründete die Einbeziehung der Schülerinnen folgendermaßen: Da die "Jugend nicht mehr wie wir mitten im großen Erleben des Weltkrieges gestanden [habe], soll diese Ehrenpflicht der Dankbarkeit durch entsprechende würdige Heldengedenkfeiern in den Schulen tief in die Seele geschrieben werden."
Studienrat Wacker hielt in diesem Sinne am 19.03.1935 auch seine Rede in der er das "Andenken nicht nur jener [feierte], die in heiligerBegeisterung auf dem Felde der Ehre starben, sondern auch der vielen, die als Gefangene in Feindesland ihr Leben opferten und in Not, Entbehrung und bitterem Heimweh eine Seelenstärke bekundeten, die ein nicht geringes Heldentum bedeutete als es der vom Feinde gefallene Frontkämpfer bewies."
Wacker schloß seine Rede mit dem "Mahnruf an die Jugend": "von den Helden unseres Volkes zu lernen, sich mit allen Kräften für ein hohes und edles Ziel einzusetzen und opfernd einzustehen für echte Volksgemeinschaft"

In starken Kontrast zu diesen offiziellen NSDAP Äußerungen der Kriegstotenehrung steht jedoch der weitere Umgang der Nationalsozialisten mit dem Löwendenkmal auf dem Marktplatz.
Das Löwen- Denkmal war zwar für die "Ewigkeit" gedacht. Der ansteigenden Entwicklung des Verkehrs auf dem Markt in den 30er Jahren mußte es dennoch weichen. Pikannterweise waren es gerade die Nationalsozialisten, die für die Versetzung des Symbols nationaler Größe eintraten.
Auf einer Bürgerschafts- Versammlung am 16.03.1935 erläuterte Bürgermeister Tewes den Abbau des Marktlöwen, der ein "Verkehrshindernis" darstelle. Statt des Marktlöwen solle später ein Brunnen aufgestellt werden. Vorläufig errichtete man zunächst jedoch an Stelle des Löwen eine hölzerne Verkehrsinsel. Um den Warendorfern schon einen Eindruck des zukünftigen geplanten neuen Löwenstandortes im Schützenpark zu geben, wurde auf dem schon fertiggestellten Postament eine Atrappe aufgestellt.
Der Löwe wurde nach seinem Abbau bis zur Fertigstellung des Denkmalpostaments auf einem Fabrikhof abgestellt. Bei der Herrichtung des Löwenpostaments wäre beinahe ein in der Zeitung nicht näher beschriebenes "schweres Unglück" passiert.

Am 01.07.1935 fand schließlich auf dem Marktplatz und dann im Schützenpark unter der großen Beteiligung der Kreiskriegerkameradschaften des Kreises, der Kreisgardekameradschaft, der NS Kriegsopferversorgung, der Abordnungen der Kriegsgefangenen, SA, SS, PO sowie des Fliegersturms die Neueinweihung des Denkmals statt.
Bei der Eröffnungsveranstaltung auf dem Marktplatz "ritt Kommandeur Vennherm mit seinem Adjudanten [unter den Klängen des Präsentiermarsches] dieFront [der erschienen Verbände] ab" In seiner anschließenden Rede betonte er: "Man sei zusammengekommen, um der neuen Wehrgeneration ein altes Vorbild zu zeigen. Jeder Krieger habe deswegen aus Verantwortungsgefühl Schneid, Disziplin und wärmste Kameradschaft zu bekunden. Das seien Tugenden, die auch den Fortschritt im Neuaufbau Deutschlands gewährleisten. Wenn jeder sich als Soldat den Pflichten unterordne, müsse Deutschland zu altem Glanze aufblühen."
Kommandeur Venherm meldete die Formationen dann dem Kreisverbansführer Schmittdiel (Beelen), Bürgermeister und Kreisleiter Tewes sowie dem Kreisgardeführer Josef Brinkhaus, die dann gemeinsam erneut "die Front abschritten".
Nach der Verleihung der Kyffhäuser-Ehrenzeichen 1. und 2.Klasse an verdiente Mitglieder des Kyffhäuserbundes, nahmen Schmittdiel, Tewes und Brinkhaus erneut die Einheiten zum Vorbeimarsch in Richtung Münsterpark ab. Am Sockel des Denkmals im Münsterpark Ænahm man die Grundstellung ein und hörte stumm eine Strophe des Guten Kameraden".
Im Anschluß lobte Schmittdiel das "so glorreiche Denkmal" und hielt die "Weiherede", mit der er eine historische Kontinuität von den im Kriege von 1864 Getöteten bis hin zur nationalen Regierung von Adolf Hitler zog: "Damals galt es die Helden von 64/66 zu ehren. Durch ihren Einsatz hatte Bismarck einen Schwächezustand Deutschlands zu überwinden vermocht (...) Adolf Hitler vollendete, was noch unvollendet war. Der Kampf der alten Soldaten erhielt damit seinen endgültigen Sieg. Einigkeit aller Deutschen ist das Fundament des neuen Deutschland, das Adolf Hitler schuf. Noch ist der Aufbau nicht abgeschlossen; Jeder Deutsche kann und muß helfen. An diesem Denkmal wollen wir dem Führer geloben: wir alten Soldaten setzen uns voll und ganz ein, damit sei ein Volk ein Führer und ein Deutschland über alles!"
Im Anschluß an seine Rede übergab Kreiskiegerverbandsführer Schmittdiel das Denkmal in die Obhut der Stadt Warendorf. Bürgermeister Tewes "dankte für das Vertrauen" und betonte, daß der neue Standort "mindestens ebenso würdig sei (...) Der Münsterpark werde in den kommenden Jahren auch mit Rücksicht auf das Kriegerdenkmal noch weiter ausgestattet, so daß man bald von einer idealen Grünfläche sprechen könne." Mit einen breiten "Sieg heil" auf den Führer und dem Deutschland- und Horst-Wessel-Lied war der Feierakt fast beendet. Den Rest des Tages verbrachte man in "kameradschaftlicher Unterhaltung" und unter der Einbeziehung der Kinder (!) im Rahmen einer Kinderbelustigung im Bürgerschützenhof.

Im Sockel des Denkmals wurde folgende Urkunde eingemauert: "Im dritten Jahr, nachdem der Führer der nationalsozialistischen Bewegung Adolf Hitler als Reichskanzler und im zweiten Jahre, nachdem Adolf Hilter als Führer des Deutschen Volkes die Macht im Deutschen Reich kraftvoll in seine Hände genommen, als der General der Luftfahrt Hermann Göring &endash; Ehrenbürger der Stadt Warendorf &endash; Ministerpräsident in Preußen, [was er übrigens immer noch ist. Ein Bürgerantrag der Friedensgruppe Warendorf auf Aberkennung der  Ehrenbürgerschaft wurde Anfang der 80er Jahre vom Rat der Stadt mit dem Argument abgelehnt, daß er ja nun tot sei. ](...) Josef Gerdes, Landrat des Kreises Warendorf, Dipl. Ing. Lorenz Tewes, Kreisleiter des Kreises Warendorf und Bürgermeister der Stadt Warendorf, Heinrich Schmittdiel, Verbandsführer des Kreiskriegerverbandes Warendorf, des Deutschen Reichsbundes Kyffhäuser, und Heinrich Muesmann, Kameradschaftsführer der Kriegerkameradschaft Warendorf war, wurde dieses, vom Kreiskriegerverband Warendorf den in den glorreichen Feldzügen 1864, 1866 und 1870/71 gefallenen Kameraden des Kreises Warendorf errichtete Denkmal zur Verbesserung der Verkehrsverhältnisse vom Marktplatz der Stadt Warendorf (...) zum Schützenpark verlegt, um hier inmitten des gesund aufblühenden neuen Stadtteils ein Mittelpunkt zu werden...".

Der Löwe, ursprünglich als Erinnerung an die getöteten Krieger gedacht, fiel schließlich der Metallsammlung für Kriegszwecke zum Opfer. Er wurde am 14.04.1943 von der Metallverwertungsstelle zum Einschmelzen geholt und diente somit zur Fortführung eines weiteren Krieges. Das von Bürgermeister und Kreisleiter Tewes den Kriegerkameradschaften bei der Neueinweihung des Kreiskriegerdenkmals gegebene öffentliche Versprechen "im Namen der Stadt , dem Denkmal alle Ehre [Hervorhebung d. Verfassers] zu erweisen" wurde auf eine Art, nämlich dem "Felde der Ehre" eingelöst, wie es damals wohl keiner der Anwesenden verstanden hatte, die jedoch durchaus auch mit dem militärischen Ehrbegriff konform geht.
Das Postament des Denkmals blieb bis über die 50er Jahre hinaus an seinem neuen Standort im Schützenpark, bis es schließlich ebenfalls entfernt wurde.

Im Mai 1946 ordnete der Alliierte Kontrollrat in Berlin die "Beseitigung deutscher Denkmäler und Museen militärischen und nationalsozialistischen Charakters an". Zwar war dies eine unpräzise Definition, dennoch war eine unkritische Anknüpfung an preußisch- nationale Denkmalskonzepte in den Nachkriegsjahren unmöglich geworden. Mit dem Zuzug von Tausenden von Vertriebenen in die Kreisstadt gab es zudem eine Bevölkerungsgruppe, die sich mit den auf der auf dem alten Adler- Denkmal beschriebenen Personengruppe nur schwerlich identifizieren und in die vorhandene Denkmalskonzeption einbinden lies.

Diese Sachlage erschwerte die ungehinderte Weiternutzung des Adler- Denkmals für das Andenken an die Getöteten. Ein neuer Krieg hatte zudem neue Opfer gefordert, die in die Denkmalskonzeption eingebunden werden mußten.
Der Standort des Kriegerdenkmals für die getöteten des I. Weltkrieges sollte schließlich in den 50er Jahren den Platzbedürfnissen der Firma Brinkhaus weichen, die auf dessen Gelände ein Haus u.a. mit Werkstatträumen errichten wollte. Freudig begrüßte damals der Neue Emsbote die geplante Werkserweiterung der Firma , da "Tausende vor den Fabriktoren stehen und auf Arbeit warten" und dies "Wiederaufbau, neue Hoffnung und neue Produktionsstätten" bedeute. Während die Notwendigkeit des Erhaltes des Kriegerdenkmals als Folge dieses Anliegens zunächst nicht deutlich nicht in Frage gestellt wurde, deute sich die spätere Lösung einer Gedenkstätte für alle Getöteten des Krieges bereits an: Zunächst schlug man im Neuen Emsboten als möglichen neuen Standortes des Denkmals den gegenüberliegenden Platz als ideale Stelle für den Bau einer geplanten Gedächtniskapelle vor. Zudem sah man im Verkauf des stadteigenen Grundstückes an die Firma Brinkhaus die Möglichkeit "unter Umständen die notwendigen Mittel (...) [zu erhalten], um das Projekt Gedächtniskapelle sofort in Angriff zu nehmen."
Das Christentum bot sich gerade in Warendorf mit seinem katholischen Millieu als Alternative zum Nationalsozialismus an.
Der Rat der Stadt beschloß daher am 20.06.1950 durch Anregung des Kirchenvorstandes St.Marien als Ersatz für das Adlerdenkmal die Einrichtung einer Gedenkstätte im dem Turm der alten Marienkirche.

Der geplante Abbau des Adlerdenkmals blieb jedoch von den militärischen Traditionsverbänden nicht unwidersprochen. Der Neue Emsbote berichtete am 23.01.1951 so von einer Versammlung der "Interessengemeinschaft zur Erhaltung der Ehrenmale". Auf dieser Versammlung hatte ihr Vorsitzender Venherm die Wideraufrichtung des Denkmals an einer "würdigen Stelle" gefordert. Zwar überließ man der Stadt die endgültige Platzbestimmung. Man schlug jedoch gleichzeitig die "Ecke am Eingang zur Klosterpromenade" als neuen Standort des Denkmals vor. Gleichzeitig ermahnte man die Stadt die Kosten für die Versetzung des Denkmals zu übernehmen. Schließlich habe sie die Verpflichtung zu seiner Erhaltung übernommen und das Denkmal sei aus dem "Geld kleiner Leute gebaut". Um der Forderung Nachdruck zu verleihen habe man bereits über 1800 Unterschriften gesammelt.

Das es bei dem Streit um die Widererichtung des Denkmals auch um den Stellenwert einer bestimmten politischen Ausrichtung der Kriegerehrung ging, machte die Kritik der Interessengemeinschaft zur Erhaltung der Kriegerdenkmale an der geplanten Gedenkstätte im alten Marienkirchturm deutlich: Diese Gedenkstätte sei "nicht als Ehrenmal für gefallene Soldaten anzusehen, da sie zugleich auch als Gedenkstätte für Verfolgte des Naziregimes und der Bombenopfer dienen soll."

Sicherlich auch vor dem Hintergrund dieser Stimmen holte die Stadt zwar noch Kostenvoranschläge zwechs Wiederaufstellung des Adler- Denkmals sowie Erneuerung bzw. Auffrischung der Inschriftplatten u.a. von der Firma Hanewinkel ein, entschied sich jedoch dennoch, vielleicht auch aus Kostengründen, die Versetzung hätte über 5000,- DM gekostet, nicht für dessen Wiederaufstellung in seiner bisherigen Form.
Das Denkmal wurde völlig abgebaut. Teile, wie z.B. der Adler und zwei Helme befinden sich heute noch im privaten Garten der Familie Brinkhaus an der Milter Straße.
Der Adler im Privatgarten Brinkhaus 
Der Adler im Privatgarten Brinkhaus an der Milter Straße
Foto: Hans-Joachim Werner, 5/1998 © 
Im Rahmen der 750 Jahr-Feier weihte Bürgermeister Heinermann am 30.04.1951 die neue Kriegergedächtniskapelle ein. Ihre Einweihung war Ausdruck einer politischen Wende der Kriegerehrung, da sie nunmehr die Funktion hatte, im Gegensatz zum alten Denkmal, aller vom Krieg Betroffenen beider Kriege zu gedenken. Dabei wurden auch diejenigen in das Gedächtnis miteinbezogen, die "ihr Leben in Gefangenschaft und in den Wirren der Nachkriegszeit und bei der Vertreibung verloren hätten und die wegen ihrer Abstammung oder religiösen oder politischen Überzeugung [verfolgt worden seien]". 

Nicht in den Blick kamen dabei Atheisten, Juden, kommunistische Widerstandskämpfer oder Muslime, die wohl nur schwer unter dem Zeichen des christlichen Kreuzes einzubinden waren und sind.
Mit der Einrichtung der Kapelle gab man zugleich die Scheingräber auf dem Friedhof auf. Mit der Einbeziehung der "Toten des deutschen Ostens" wollte man ein "Symbol der Einheit der deutschen Stämme und des deutschen Volkes, vor allem aber auch ein Symbol der Freiheit, der geistigen Freiheit [setzen]."
Die Ausgestaltung der Gedächtniskapelle macht den Wandel vom Kriegerdenkmal zum Mahnmal deutlich, der allerdings nicht stringend vollzogen wurde.
In der Kapelle gibt es eine Bank, einen Altar, ein Kreuz, sowie ein Kerzenhalter mit dem Relief eines Eisernen Kreuzes. Mit diesem Symbol nahm man ein konstitutives Element der Kriegerehrung in die Gedächtnisstätte mit auf, die zu einem Bruch der Konzeption führte, und zugleich einen Anknüpfungspunkt für die die Anhänger einer traditionellen vorkriegsbezogenen Militärtradion schaffte.

Die Wände in der Kappelle sind mit gemalten Bibelzitaten geziert: "Gott wird abwischen alle Tränen von ihren Augen und der Tod wird nicht mehr sein noch Leid noch Geschrei noch Schmerz denn das Erste ist vergangen" (links) sowie "Fürchte dich nicht ich bin der Erste und der Letzte. der Lebendige. Ich war tot und siehe ich bin lebendig von Ewigkeit zu Ewigkeit und habe die Schlüssel der Hölle und des Todes." (rechts)
Später wurde die Kapelle durch eine Mauer mit Kranzhaltern und drei Inschriftplatten ergänzt.
Die erste Platte mit dem Symbol des Eisernen Kreuzes hat die Inschrift: "Gedenket der Opfer des Krieges". Die Inschrift der zweiten Platte fordert: "Sorgt ihr die ihr noch im Leben steht, dass Friede bleibe, Friede zwischen den Menschen, Friede zwischen den Völkern." Die dritte Steinplatte verknüpft das Totengedenken mit der christlichen Reich Gottes Vorstellung: "Es gibt nicht ein Reich der Lebenden und daneben ein Reich der Toten. Es gibt nur das Reich Gottes und lebend wie tot sind wir alle in ihm."
Die Kapelle kröne ein Kreuz, da so Heinermann, die Freiheit sich nur entfalten könne, wo der "Glaube an Gott und die religiöse Überzeugung als unantastbar" gilt. Das Kreuz sei "Sinnbild der Einheit und geistigen Freiheit, in der die beiden großen christlichen Konfessionen in der Stadt brüderlich zusammen wohnten..."
Während der Feierstunde legte Bürgermeister Heinermann das "Gedenkbuch, das alle Namen der Gefallenen und Vermißten der Stadt Warendorf und ihrer Nachbargemeinden enthält, auf dem Altar zu Füßen des Kreuzes nieder".
Insgesamt waren die Einweihungsfeierlichkeiten, im Gegensatz zu früheren Gedenkfeierlichkeiten äußerst schlicht gehalten worden.

Während der Diskussion um die Wiederbewaffnung gab es auch in Warendorf erneut und diesmal spektakuläre Kritk am Militär. Im Februar 1957, zur Zeit des Kalten Krieges, nach dem Verbot der KPD am 17.08.1956, wurde das Warendorfer Mitglied der KPD Erich Kern sowie drei weitere Mitglieder Der KPD in Ostenfelde verhaftet. Man warf ihm damals vor "in einem in den letzten Wochen in Warendorf zur illegalen Verteilung gelangten hektographierten Blättchen", Warendorfer Rundschau, in Zusammenhang mit der Wiederbelegung der Kreisstadt mit Militär "in übler und verleumderischer Weise" Angriffe und Drohungen gegen Mitglieder des Kreistages" gerichtet zu haben. Erich Kern wurde im Dezember 1957 für die Verbreitung dieser Schrift gegen die Bundeswehrkaserne in Warendorf sowie wegen seiner Mitgliedschaft in der KPD zu einem Jahr Gefängnis verurteilt verurteilt.

Trotz dieser Verurteilung eines Kritikers des Militärs vor Ort, blieb die Rolle des Militärs und die Gestaltung der Kriegerehrung bzw. der Mahnmale in Warendorf, auch nach der Widerbewaffnung der Bundesrepublik, umstritten. Die Kritiker konnten sich jedoch politisch nicht derart durchsetzen, daß eine Ihnen angemessene Form der Kriegsmahnung durchgeführt wurde.

Zu fragen bleibt, ob die Gedächtniskapelle im Turm der alten Marienkirche nicht schließlich genau wie ihre Vorgänger, dazu gebraucht wurde, die Toten der Kriege nachträglich für die eigene militärpolitische Überzeugung einzuspannen.
Beispielhaft sei hier auf die Kranzniederlegung des Landesverbandes der Ritterkreuzträger NRW im April 1958 hingewiesen. Während ihrer Tagung in Warendorf erläuterte General a.D. Westphal, ehemaliger Generalstabschef der Armee Rommels, als der Präsident des Ringes deutscher Soldatenverbände auf einem Festvortrag, "daß dem deutschen Soldaten trotz seiner heroischen Leistungen der Enderfolg versagt bleiben mußte, weil er unzureichend ausgerüstet war und die Gesamtoperation unter der unklaren politischen Konzeption der deutschen und italienischen Regierung zu leiden hatte." Und Generalmajor a.D. Horst Niemack lobte bei einem Grußwort:"Grundanliegen der Ritterkreuzträgergemeinschaft sei nicht überhebliche Absonderung, sondern die Realisierung des aus dem Kriegseinsatz geborenen Willens zur bestmöglichen Pflichterfüllung im Frieden."

Während der Tagung wurde von den Warendorfer Ritterkreuzträgern Vechtel und Terharen ein Kranz am, wie der Neue Emsbote es nunmehr betitelte, "Ehrenmal" niedergelegt. Das Heeresmusikkorps aus Münster intonierte bei diesem Gedenken das "Lied vom Guten Kameraden". - Ein Textvers des Liedes lautet u.a.: "Kann dir die Hand nicht geben [dem guten Kameraden nämlich], derweil ich eben lad [also Kugeln ins Gewehr schiebe], sei du im ew´gen Leben, mein treuer Kamerad."

Öffentliche Kritik an der Instrumentalisierung des Totengedenkens z.B. im Rahmen des Volkstrauertages für die Zwecke der Remilitarisierung wurde dann erst wieder mit dem Aufkommen der Friedensbewegung in den 80er Jahren laut.
Mit ihrem Antimilitaristischen Marsch und einer Straßenumbennennungsaktion im Rahmen der bundesweiten Aktionswoche kritisierte die Friedensgruppe Warendorf unter der Beteiligung der beiden anderen Warendorfer Friedensgruppen, Christen für Frieden und Abrüstung und Pax Christi am 18.10.1983 durch eine Station an der Gedächtniskappelle im alten Marienkirchturm den Mißbrauch des Totengedenkens für die Zwecke der Durchsetzung des NATO-Doppelbeschlusses.

Offiziell sah man in der Stadt jedoch keinen Anlaß mit dieser Art der Werbung für das Militär zu brechen. Hierbei spielte auch wirtschaftliche Bedeutung der Kaserne an der Dr.Rau Allee eine Rolle. Dem scheidenden Instandsetzungbataillon 120 setzte man zur Erinnerung und Wertschätzung vor dem Gebäude der Stadtverwaltung einen Findling mit der Aufschrift:  "Instandsetzungsbataillon 120 Juli 1968 - Juli 1978" Der Stein ist zudem mit dem Emblem des Bataillons, zwei gekreuzte Kanonen in einem Zahnkranz, verziert.
Im Dezember 1983 startete Dechant Suwelack eine Initiative für die Schaffung einer Kriegstotengedenkstelle für die "Gefallenen aus dem ersten und zweiten Weltkrieg (...) deren Familien in den Pfarreien St. Laurentius und St. Josef beheimatet sind" Da die Pfarrei .St. Josef erst nach dem Zweiten Weltkrieg gegründet wurde, sind auch die Namen der Familien dieser Pfarrei miteinbezogen worden. Mit aufgeführt wurden auch die Namen von "Kriegsgefallenen, deren Familie aus der Heimat vertrieben wurde und hier ansässig sind."
Der Denkmalzweck wurde unterschiedlich benannt: "Gedenktafeln für die Opfer der beiden Weltkriege" , "Gedenktafeln für die Gefallenen der beiden Weltkriege" , "Mahnmal für den Frieden" sowie "Ehrenmal für die Gefallenen der beiden Weltkriege" . In einem Werbeflugblatt für die fünfte Gedenkplatte druckte Dechant Suwelack zur Verdeutlichung seines Anliegens einen Artikel aus der Frankfurter Allgemeinen Zeitung vom 02.06.1986 ab, bei dem Bezug auf die Granitwand in Washington mit den Namen von 58 000 "Gefallenen" US-Soldaten des Vietnamkrieges genommen wird und bei dem zugleich die kritische Diskussion um eine angemessene Mahnung vor neuen Kriegen und die Erinnerung an die Kriegstoten in Deutschland als "beschämendes Gerangel" bezeichnet wird.

Die zunächst geplanten vier Bronzetafeln (100 x 135 cm) mit 568 Namen der "Gefallenen" wurden am 30.06.1985 an der St.Laurentiuskirche als Ersatz für die bei der Renovierung 1961 im Turm der Laurentiuskirche entfernten Gedenktafeln an der Südseite rechts und links der Pietà angebracht. Am 10.08.1985 wurden diese vier Tafeln, auf denen neben den Namen der Getöteten und Vermißten nur die Jahreszahlen 1914/18 und 1939/45 zu lesen ist, von Weihbischof Friedrich Ostermann gesegnet.
Die Kosten für die ersten vier Tafeln in Höhe von 25000,- DM wurden aus Spendengeldern und Sonderkollekten bestritten werden.
Bei einer Diskussion im Pfarrgemeinderat St. Laurentius über den Sinn des geplanten Totengedenkens wurde zur damaligen Zeit u.a. kritisch neben den hohen Kosten dieses Projektes auch auf die damals noch fehlende konkrete inhaltliche Aussage der reinen Namensliste sowie des Denkmalzweckes verwiesen. Darüber hinaus wurde in diesem Gespräch auch angemerkt, daß es Probleme mit einer möglichen Unvollständigkeit der Namensliste geben könne.
Weil sich nach der Anbringung der ersten vier Platten immer noch weitere Familien im Pfarrbüro bezüglich der Aufnahme in die Namensliste gemeldet hatten, wurde schließlich im Jahre 1986 noch eine fünfte Tafel neben den anderen Tafeln angebracht. Die Liste der Getöteten wurde hier jedoch mit einem Bibelspruch aus Römer 8/18 eingeleitet: "Ich bin überzeugt, dass die Leiden der gegenwärtigen Zeit nichts bedeuten im Vergleich zu der Herrlichkeit, die an uns offenbar werden soll."
Zusammen mit der Pietà und der eines Schmiedeeisernen Gitters sowie eines Totenlichts, ergibt sich als Denkmalaussage: Christlicher Trost im Schmerz der Angehörigen. Das Denkmal wird ergänzt durch eine sechste Platte unterhalb der Pietà mit der Inschrift: "Ihr alle, die ihr hier vorübergeht, seht ob mein Leid nicht größer ist als euer Schmerz. Auf Fürbitte der Mutter Gottes leuchte das ewige Licht allen, die durch die Jahrhunderte im Schatten von St. Laurentius ihre letzte Ruhestätte fanden zum Gedenken an sie wurde dieses Vesperbild in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts errichtet und die immerwährende Totenleuchte davor angezündet. Allerseelen 1978. Gestiftet von einem Bürger der Stadt."

Den Charakter eines schlichten Totengedenken hat der warscheinlich im Jahre 1981 vor dem Gebäude der Landwirtschaftlichen Fachschule, Molkenstraße 6, vor dem linken Eingangsbereich aufgestellte Gedenkstein. Der Stein mit der Inschrift "Unseren Toten" dient als Erinnerung an die Getöteten ehemaligen Landwirtschaftsschüler des I. und II. Weltkrieges. Der Gedenkstein stand ursprünglich vor dem Gebäude der alten Landwirtschaftsschule in Neubeckum und war dort um 1954 aufgestellt worden. Der Transport und seine Umsetzung nach Warendorf waren eine Spende des Vereins ehemaliger landwirtschaftlicher Fachschüler. Im Dezember 1991 wurde der Stein erneut versetzt und steht heute an der Ecke Siskesbach-Düsternstraße vor dem Gebäude der Kreisberufsschule und der Landwirtschaftskammer.

Wenn man die Kriegerdenkmalsentwicklung in Warendorf mit der acht phasigen regionalen Kriegerdenkmalsentwicklung nach Arnold Vogt. vergleicht, fallen Warendorfer Besonderheiten auf.
In Warendorf ist kein Denkmal der Befreiungskriege und Revolutionskämpfe 1813/15 bis 1848/50 vorhanden, obwohl es mit dem Landwehreinsatz der Warendorfer zur Niederschlagung der Demokratiebewegung in Baden einen Bezugspunkt gegeben hätte.

Mit der Errichtung des Warendorfer Löwen wurde auf die Kämpfe der national- deutschen Einigungskriege 1864/1866/1870/1871 Bezug genommen. Die Aufstellung des Löwen- Denkmals hat sich jedoch sehr lange hingezogen, was sicherlich nicht allein mit der wirtschaftlichen Situation und der daraus resultierenden zu geringen Spendenfreundlichkeit der Warendorfer erklärt läßt.
Ein Denkmal der kolonialen Kämpfe, wissenschaftliche Expetitionen und Jubiläen der Wilhelminischen Zeit (ca. 1888-1914), wie z.B. das münsteraner Train-Denkmal wurde in Warendorf nicht aufgestellt. Ob dies nur mit einer geringen Beteiligung von Warendorfer Soldaten an derartigen Einsätzen erklärbar ist, oder vielleicht auch an den durchaus vorhandenen kritischen Stimmen an der Kolonialpolitik, ist z.Zt. nicht zu entscheiden. Nicht mit Denkmälern vertreten ist in Warendorf sowohl die Zeit des I., wie die des Nationalsozialismus. Letzteres vielleicht ein Beleg dafür, daß die nationalsozialistische Bewegung in Warendorf nicht ideologisch genug ausgeprägt und verankert war.
Mit dem Adlerdenkmal, Zwischen den Emsbrücken, wurde jedoch ein typisches "Heldendenkmal" des Kriegsgedenken in der Weimarer Zeit geschaffen.
Die Gedächtniskapelle im Turm der alten Marienkirche ist mit der Aufnahme traditioneller Elemente deutlich der Denkmalsentwicklung in der Phase der ersten beiden Nachriegsjahrzehnte zuzuordnen. Sie nimmt jedoch, allerdings abgeschwächt, auch kritische Impulse seit den 60er Jahren teilweise vorweg und dokumentiert den beginnenden Wandel zu einem Mahnmal.
Ein sich mit den Ursachen von Krieg und Gewalt auseinandersetzendes Denkmal findet man in Warendorf (noch) nicht.

Die von Arnold Vogt beschriebenen Merkmale der Kriegerdenkmalsentwicklung sind auch für die Entwicklung in Warendorf konstitutiv :
Es findet sich zum Einen das revolutionäre, "demokratische" Gleichheitsprinzip in der namentlichen Erwähnung und "Ehr"- Zuweisung und deren propagandistische Integration in einem obrigkeitlich, später auch bürgerlich gestifteten militärkonformen ideologischen Sinnzusammenhang.
Deutlich wird bei fast allen Denkmalsaufstellungen in Warendorf der in der Tendenz zeitlose überkonfessionelle und absolute Geltungsanspruch. durch die öffentliche feierliche Aufstellung und der Zusammenschluß der betroffenen Personen zu einer kollektiven Einheit der bürgerlichen Gemeinde

Mit den Ausnahmen der nach dem Zweiten Weltkrieg geschaffenen Gedächtnisstellen, belegen sowohl Adler, wie auch Löwendenkmal die "Heroisierung", d.h. die Tendenz zur Verherrlichung des Soldatenberufes und bestimmter Tugenden einschließlich des "verselbständigten" (d.h. auch militärisch sinnlosen) Todesmutes.

Auch in Warendorf ist die Parallelität von Ordens- und Denkmalpädagogik, bzw. -propaganda sowie sonstiger sinnverwandter Objekte, z.B. finanzieller Belohnung, später ebenso der Erbauungs- und Gedenkliteratur, Gedenkstätten und anderer Symbolträger nachweisbar.

Die Erinnerungs- oder Ersatzfunktion des Denkmals im Totenbrauchtum als Substitut für anderswo gelegene oder unbekannte Begräbnisstätten der Toten wird insbesondere bei der Schaffung der Gedächtniskapelle im Turm der alten. Marienkirche deutlich, bei deren Fertigstellung die Scheingräber auf dem Friedhof aufgegeben wurden. Das Adler- Denkmal knüpfte mit der Symbolik der Stahlhelme an eine Beerdigung an unbekannter fremder Stelle an.
Der Zusammenhang von Denkmalswürde, Überlebenden- bzw. Hinterbliebenenversorgung wird von Bürgermeister Isphording zwar einschränkend, aber dennoch ausdrücklich angesprochen.

Auffallend bei der örtlichen Kriegerdenkmalsentwicklung in Warendorf ist neben der rückläufigen Tendenz der gemeinschaftsbildenden Identätsstiftung die Tatsache, daß es neben den national-militärischen Impulsen immer auch kritische Stimmen gegeben hat, die die Entwicklung in Richtung von zivilgesellschaftlichen Formen des Totengedenkens und der Warnung vor den Folgen des Krieges für den Einzelnen und die Gesellschaft begleitet haben.

H.-J.Werner, © Warendorf 1998

(Gekürzte Fassung  mit den hier fehlenden Anmerkungen abgedruckt in: Warendorfer Kiepenkerl, Nr. 32, 33, 6 und 12, 1998)


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Letzte Änderung am  06.12.2011