Es ist das Verdienst von Reinhold Lütgemeier-Davin, mit dem Buch
"Hakenkreuz und Friedenstaube - Der Fall Hein Herbers (1895-1968), Frankfurt
a.M. 1988)" auf den bis dahin in seiner Heimatstadt Warendorf fast
unbekannten Pädagogen und "Friedenskämpfer" Heinrich Herbers
hingewiesen zu haben.
Hein Herbers wurde 1895 in Warendorf geboren. Sein Elternhaus lag zentral
am Krickmarkt 1/3. Die Eltern erzogen den jungen Hein streng katholisch.
Die staazstreue Erziehung am Gymnasium Laurentianum in der kurzen
Kesselstraße und die allgemeine Kriegsbegeisterung führten
schließlich dazu, daß der junge Gymnasiast sich am 4.8.1914 bei
der Warendorfer Polizeibehörde als Kriegsfreiwilliger meldete. Bei seinem
Kriegseinsatz zog er sich eine schwere Lungenentzündung zu, an der er
zeitlebens zu leiden hatte. Drei seiner Brüder wurden während des
Krieges an der Front getötet. Diese Tatsachen und seine
Kriegserfahrungenließen Hein Herbers zu einem überzeugten Pazifisten
werden.
Die für ihn früheren festen Orientierungspunkte gerieten für
Herbers nach dem Krieg ins wanken. Kaiser, Bürgermeister, Schuldirektor,
die Verehrung von Schiller Gott und katholischer Kirche sowie überlieferte
Konventionen und bürgerliche Illusionen hatten ihre Vorbildfunktion
für den Warendorfer verloren.
Er suchte nach neuen Idealen. Während seines Studiums der Fächer
Germanistik und Geschichte in Münster schloß er sich der dortigen
DADA-Gruppe an, deren Existenz er als Reaktion auf das Spießertum
begriff.
1918 trat Herberbers der USPD bei. Er verstand sich seither als Sozialist
und Pazifist. Über die Deutsche Friedensgesellschaft (DFG) bekam er
Kontakt mit Lothar Engelbert Schücking. Gemeinsam mit Schücking
warb Herbers in Warendorf und Münster für pazifistische Ideen. Nachdem er seine Lehrbefähigung für das Lehramt im Dezember 1921 erhalten hatte, begann Herbers im Jahre 1922 am Gymnasium Laurentianum seinen Vorbereitungsdienst. Bis 1924 arbeitete er, zuletzt unentgeltlich an diesem Gymnasium. In dieser Zeit bestätigte er sich als Mitbegründer der beiden DFG-Ortsgruppen in Münster und Warendorf. Zeitweise leitete er beide Ortsgruppen gleichzeitig. Herbers stand in der Weimarer Zeit dem Kreis um Fritz Küster nahe, der davon ausging, daß Völkerverständigung und dauerhafter Friede erst dann möglich werde, wenn Deutschland mit seiner militaristisch-preußischen Tradition gebrochen habe und die deutsche Kriegsschuld anerkennen würde. |
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Das Werben für eine Aussöhnung mit Frankreich, für die
Kriegsdienstverweigerung und die Stärkung des Völkerbundes als
Garanten des Weltfriedens war ebenfalls ein Anliegen dieses Kreises.
Bereits 1924 warnten Herbers und mit ihm andere Pazifisten vor dem "Hakenkreuz
- als Deutschlands Untergang".
Während seiner Zeit als Lehrer in Bad Ems und seit 1931 in Kassel schrieb
Herbers viele Artikel für das "Andere Deutschland", eine bekannte
pazifistische Wochenzeitung in der Weimarer Republik, an der u.a. auch Kurt
Tucholsky mitwirkte. Als begabter Redner warb er auf verschiedenen
Veranstaltungen und Tagungen für eine glaubwürdige
Abrüstung.
Die unklare Haltung der SPD u.a. in der Frage des Panzerkreuzers B
veranlaßte Herbers als späteres SPD-Mitglied schließlich
zum Übertritt in die SAP.
Die immer stärkere Durchsetzung des Schulwesens mit Deutschnationalen
und Nationalsozialisten und der Konflikt um einen von der nationalen Presse
aufgebauschten antimilitaristischen Artikel über Hindenburg im "Anderen
Deutschland" waren schließlich der Anlaß für die
Suspendierung von Herbers als Lehrer im Schuldienst. 1934 emigrierte er in
die Niederlande und unterrichtete seitdem an der Privatschule des Quäkers
Boeke in Bilthove. Von Holland aus beteiligte sich Herbers durch die Verteilung
von Druckschriften am antifaschistischen Widerstand.
Auch nach dem Krieg engagierte sich Herbers in der Friedensbewegung. Er suchte
nach einem "dritten Weg" zwischen Kommunismus und Kapitalismus. Sowohl den
militanten Antikommunismus, als auch das russische Modell des Sozialismus
lehnte Herbers ab. Der Vietnamkrieg wie auch die christliche Legitimierung
der Atombewaffnung waren ihm ein Greuel.
Herbers starb am 21.8.1968 in Bilthoven.
(Hans-Joachim Werner: in: Emsblick Nr.90, 8 (1989), S.16ff )